Klare Forderungen und bewegende Erzählungen am Inklusionstalk

Am Samstag, 8. Juni fand in Brugg der regionale Aktionstag zu den Behindertenrechten statt. Eindrücklich und bewegend waren am Inklusionstalk die Erfahrungsberichte aus dem Alltag der Teilnehmenden mit einer Behinderung.

Erich Mösch berichtete von seinen Erfahrungen beim Überqueren der Strassen im Rollstuhl. Schwellen und Absätze sind fast bei jedem Strassenübergang wieder anders gebaut. Eine Vereinheitlichung beim Bau tatsächlich absatzloser Übergänge sollte doch machbar sein. Oder ein Behinderten-WC muss auch benützbar sein und darf nicht zum Beispiel durch einen falsch montierten Papierrollenhalter verstellt werden. André Rehmann berichtete, wie Abstimmen und Wählen für Sehbehinderte nur mithilfe einer anderen Person möglich ist. Was die Auslandschweizer schon können, sollten doch auch Sehbehinderte dürfen, nämlich am Computer abstimmen. Tatjana Binggeli schilderte mithilfe der Gebärdendolmetscherin eindrücklich, was Gehörlose für Hürden zu bewältigen hatten und haben. Die Gebärdensprache ist noch nicht als eigenständige Sprache anerkannt. Am Fernsehen sind noch lange nicht alle Sendungen mit Gebärdensprache zu «hören». Diskussionen am Radio kann nicht gefolgt werden. Eindrücklich zu erfahren, wie es sein muss, von allem ausgeschlossen zu sein. Für uns ist Sprechen und Hören eine Selbstverständlichkeit. Vincent Flach ist mit seinem jetzigen Leben zufrieden. Aber er stellte klare Forderungen auf. Jedes Kind sollte in seiner Gemeinde in die Schule gehen können, damit Inklusion von Kindheit an erlebt werden kann. Warum wird von einem 1. und 2. Arbeitsmarkt gesprochen? Damit wird auch eine Zweiklassengesellschaft zementiert. Es sollte doch einfach vom Arbeitsmarkt die Rede sein. Nena las einen Text vor, in dem sie schilderte wie Themen der psychischen Gesundheit nach wie vor ein Tabu sind. Depressive Menschen können nicht; nicht, dass sie nicht wollen. «Sich zusammenreissen» funktioniert leider nicht. Leistungsdruck und Vorurteile sind Gift für die psychische Gesundheit. Um seine Rechte einzufordern, muss man kämpfen! Menschen mit einer psychischen Krankheit haben keine Möglichkeit zu kämpfen. Nationalrätin Simona Brizzi erzählte aus ihren Erfahrungen als junge Frau in einem Hort in Kanada, wo alle Kinder zusammen betreut werden, auch solche mit einer Behinderung. Damit wird schon sehr früh die Grundlage des Zusammenlebens gelegt und nicht des Separierens. Da gibt es in der Schweiz noch viel Handlungsbedarf, nur wenn man schon daran denkt, dass jede Gemeinde in unserem Kanton festlegen kann, ob der Unterricht separiert oder integrativ stattfindet. Nationalrat Beat Flach betonte, dass die Inklusionsinitiative, für die zurzeit Unterschriften gesammelt werden, Verbesserungen bringen wird. Es geht darum Barrieren abzubauen nicht nur bei Bauten, sondern in allen Bereichen des Lebens, beim Lesen, beim Sprechen, beim Hören, bei der Internetnutzung, bei Wahlen und so weiter und so fort. Barbara Horlacher war der Meinung, dass die Grundlagen beim Bauen bestehen. Wenn Fehler gemacht werden, ist das auf Unachtsamkeit oder fehlendes Bewusstsein zurückzuführen. Die verschiedenen Schilderungen zeigten eindrücklich, wie wenig aufmerksam wir sind, was die Alltagshürden von behinderten Menschen betrifft. Vor allem auch, wenn die Behinderung nicht sichtbar ist, wie Gehörlosigkeit oder psychische Krankheit. Der Inklusionstalk unter der einfühlsamen Moderation von Anne-Käthi Kremer von Tele M1 hat den Anwesenden geholfen, mehr Verständnis für alle Arten von Behinderungen zu gewinnen. 

Neben dem Talk gab es zwei musikalische Einlagen. «Take Four» im Trio mit Marco Friedmann, Klemens Rehmann und Marc Urech von der Musikwerkstatt unterstützten den Tag mit ihrem virtuosen Spiel. Und um 15 Uhr setzte der Show Act von Lucas Fischer einen fulminanten Schlusspunkt unter diesen Tag.

Zwischendurch konnte jede Person testen, wie es ist, mit dem Rollstuhl über eine Rampe zu fahren, enge Kurven zu bewältigen und aus dem Rollstuhl den Basketballkorb zu treffen. Ebenfalls konnten am PC verschiedene Behinderungen hautnah erlebt werden. Und der Stand der Heimgärten vermittelte eindrückliche Einblicke in das Thema «psychische Gesundheit». Und während des ganzen Tages konnte die Inklusionsinitiative unterschrieben werden. Und der regionale Verein Infobüro Handicap, der den Aktionstag zusammen mit seinen elf Mitgliedsorganisationen auf die Beine gestellt hat, warb für diesen seit November bestehenden Auskunftsdienst zum Thema «Beeinträchtigungen».